Viele sehen die Gülle nur als stinkende Flüssigkeit. Doch was ist die Gülle wirklich und was kann sie bewirken? Dies wird nachfolgend geklärt.
Ein rücksichtsvoller Umgang mit der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung schafft Verständnis und wirkt sich positiv auf das Image der Landwirtschaft aus. Nicht zuletzt sind dies auch potenzielle Kundinnen und Kunden unserer Lebensmittel und Dienstleistungen.
Wochentage
Das Ausbringen von Gülle an Wochenenden wird häufig als störend empfunden. Natürlich lässt es sich wetterbedingt nicht immer einrichten, diese Arbeiten unter der Woche durchzuführen. Oft wäre es mit einer guten Planung aber durchaus möglich, solche Arbeiten vor und nach dem Wochenende zu erledigen.
Strassenränder
Selbst kleinste Mengen Gülle auf der Strasse oder dem Veloweg sehen nach «viel» aus und sind störend. Zudem kann diese Gülle über die Strassenentwässerung in Gewässer gelangen. Der Ertrag am Strassenrand ist eingeschränkt, das Strassenbankett ist oft 0.5 Meter bis 1.5 Meter breit, weshalb die Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit auf diesen Flächen schlecht ist. Das Güllen bis an den Strassenrand macht daher wenig Sinn und strapaziert das Image einer gesamten Berufsgruppe.
Abstände einhalten, "ufpasse"
Entlang von Oberflächengewässern und Waldrändern muss bei der Ausbringung von Hofdünger zwingend ein Abstand von drei Metern eingehalten werden. Generell ist bei der Ausbringung von Gülle Vorsicht geboten, die Hofdüngeranlagen müssen vollständig gewartet und einsatzfähig sein. Insbesondere beim Umpumpen auf dem Betrieb sind die Anlagen zu überwachen! Durch Witterungsereignisse ist es möglich, dass regelkonform ausgebracht Gülle später trotzdem in Gewässer gelangt. Es ist aber unumgänglich, dass der Wetterbericht und das Niederschlagsradar mehrerer Wetterdienste vor dem Güllen konsultiert werden. Jede Verschmutzung eines Gewässers ist eine zu viel!
Wird Futter für die Tierhaltung produziert, werden den Flächen entsprechend Nährstoffe entzogen. Bei der Veredlung des Futters zu tierischen Produkten entstehen auch Hofdünger. Mit dem Ausbringen von Gülle und Mist auf den Landwirtschaftsflächen wird der Kreislauf geschlossen.
Die Hofdünger bringen folgende Vorteile mit sich:
Durch die Gülle kann der Einsatz von Mineraldünger reduziert oder sogar eingespart werden. Beim Herstellen von Mineraldünger werden pro Kilo Düngerstickstoff ca. 0.85 kg Heizöl verwendet. (Quelle: Dr. Sven Hartmann)
Gülle und Mist fallen täglich an, organische Bestandteile sind wertvolle Nahrung für die Bodenlebewesen, welche in Humus umgewandelt werden. Zudem enthalten Hofdünger Mikronährstoffe und Spurenelemente und decken so fast ausschliesslich den Bedarf ab. Nährstoffe sind die Grundlagen allen Lebens.
In der Schweiz stammen 92 % der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft. Diese Emissionen entstehen im Stall, bei der Lagerung und beim Ausbringen der Gülle und dem Mist. Bei Emissionen von Ammoniak in die Luft werden empfindliche Ökosysteme wie Wälder, Hochmoore und artenreiche Wiesen gedüngt, welche auf stickstoffarme Bedingungen angewiesen sind. Der Eintrag von Ammoniak führt auch zu einer Versauerung des Bodens und der Gewässer.
Ammoniak reagiert in der Atmosphäre mit Schwefelsäure zu Salzen, welche sich an vorhandene Partikel anlagern und neue Partikel bilden. So entsteht Feinstaub in der Luft. Die Säuren werden hauptsächlich aus Vorläufersubstanzen gebildet, die aus Verkehr, Industrie und Haushalten stammen. Da Ammoniak ein sehr leichtes Molekül ist, trägt es nur etwa 10 % zur Masse des Feinstaubs bei. Ammoniak ist aber bei der Bildung der Feinstaubmasse ein grosser Einflussfaktor. (Quelle: Thomas Kupper, 2015)
Phosphor ist ein notwendiger Nährstoff für die Pflanzen. Die Phosphordüngung der Kulturen erfolgt im Kanton Luzern mehrheitlich durch Hofdünger.
In den Luzerner Mittellandseen haben die Phosphor-Einträge seit 1985 stark abgenommen. Im Jahr 1970 wurden im Baldeggersee 520 mg Phosphor pro m3 Wasser gemessen. Dem Geschäftsbericht der Gemeindeverbände ist zu entnehmen, dass der Wert im Frühling 2020 im Baldeggersee noch bei lediglich 17 mg und im Hallwilersee bei 10 mg/ m3 lag. Beim Sempachersee ist die Konzentration von über 150 mg Phosphor pro m3 Wasser im Jahr 1985 auf 23 mg/ m3 im Jahr 2019 gesunken. Der Zielwert liegt bei <15mg/ m3. Seit 2000 geht die Phosphor-Konzentration kaum weiter zurück.
Die Forschung untersucht die Seen seit mehreren Jahrzehnten. Gelangt zu viel Phosphor in stehende Gewässer, führt dies zu einem zunehmenden Algenwachstum und hat einen negativen Effekt auf den See. Das abgestorbene Pflanzenmaterial sinkt auf den Seegrund ab und wird durch Bakterien und Pilze unter Verbrauch von Sauerstoff abgebaut. In einem nährstoffreichen See kann dies in der Tiefe zu einer vollständigen Sauerstoffzehrung führen, wodurch das Leben vieler Lebewesen gefährdet wird. Aufgrund neuster Erkenntnisse spielt offenbar auch der Klimawandel eine Rolle. Die warmen Sommer hemmen den Wasseraustausch zwischen den Seeschichten. Am Seegrund wird der Sauerstoff knapp, dafür sammeln sich Nährstoffe an. Diese Nährstoffbombe gelangt am Ende des Sommers innert kurzer Zeit an die Oberfläche, was wiederum das Plankton fördert. Auch die giftigen Blaualgen profitieren von dieser Situation. (Quelle: "Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gewässer, bafu)
Für die Phosphoreinträge sind nebst der Landwirtschaft auch die Siedlung in die Industrie verantwortlich, folglich stehen alle in der Verantwortung.
Stickstoff wird von den Pflanzen vor allem in Form von Nitrat aufgenommen. Ein kleiner Teil wird jedoch im Boden festgehalten, immobilisiert. Dieser Stickstoff ist nicht verloren. Er muss aber wieder mineralisiert werden, bevor ihn Pflanzen aufnehmen können. Eine geteilte, bedarfsgerechte Düngung sichert eine schnelle Aufnahme des verfügbaren Stickstoffs und reduziert die Immobilisation. Wenn der gebundene Stickstoff im Boden mineralisiert wird, steigt das Angebot an mineralischem Stickstoff im Boden. Dies hängt stark von der Witterung, dem Boden und der Bewirtschaftung ab. Besonders im Herbst besteht die Gefahr, dass bei feuchten und warmen Böden nach der Ernte Stickstoff aus dem Boden mineralisiert wird. Bei fehlendem oder nur geringem Pflanzenbestand kann dieser häufig nicht mehr von den Pflanzen aufgenommen werden. Es besteht die Gefahr der Auswaschung. Die Grundwasservorräte werden im Herbst und Winter wieder aufgefüllt. Da im Frühling und Sommer aufgrund des grossen Pflanzenwachstums kaum Niederschläge versickern, ist die beste Strategie gegen die Auswaschung, den Rest-Nitrat-Gehalt im Boden zu Herbstbeginn niedrig zu halten. (Quelle: "Zustand und Entwicklung Grundwasser Schweiz", bafu, 2019)
Im Jahr 2020 kam es im Kanton Luzern zu 20 Gewässerverunreinigungen durch die Landwirtschaft. Davon waren 19 durch Gülle. Total gab es im Jahr 2020 92 Gewässerverunreinigungen. Damit hat die Landwirtschaft knapp 22 % der Gewässerverunreinigungen verursacht. 2013 war die Situation eine andere. Damals hat die Landwirtschaft rund 50% aller Gewässerverunreinigungen verursacht. Jede Gewässerverunreinigung ist eine zu viel und muss verhindert werden. Die Gewässerverunreinigungsliste wird laufend aktualisiert. (Quelle: Umwelt und Energie, uwe, 2021)
Abb. 1: Der höchste Anteil von Ammoniak geht in den ersten 3 Stunden nach dem Güllen verloren. Mit dem bodennahen Ausbringen der Gülle kann die Zeit, bis die Gülle im Boden ist, verkürzt werden und so werden auch die Ammoniakverluste reduziert.
Abb. 2: Stickstoffkreislauf; Die roten Balken zeigen auf, wo der Landwirt Einwirkungen in den Kreislauf hat. Diese Einwirkungen gilt es zu minimieren.
Das Ausbringen von Gülle macht nur Sinn, wenn die Pflanze die Nährstoffe auch aufnehmen kann. Entsprechend wichtig ist der Ausbringzeitpunkt.
Kosten Stickstoffverlust für Landwirt:
Kosten Ausbringung bei Düngung mit Schleppschlauchverteiler und gutem Güllezeitpunkt:
CHF 5.65 pro kg N / CHF 169.25 pro Arbeitsgang
Kosten Ausbringung bei Düngung mit Breitverteiler und schlechtem Güllezeitpunkt:
CHF 6.95 pro kg N / CHF 208 pro Arbeitsgang
Durch den Schleppschuheinsatz gelangt mehr Stickstoff zu den Pflanzen. Somit kann der Einsatz von Kunstdüngern reduziert oder sogar eingespart werden. Dies macht einen Unterschied von CHF 1.30 pro kg N oder CHF 38.75 pro Arbeitsgang.
Kosten Stickstoffverlust für die Umwelt:
Pro Kilogramm Ammoniak (NH3-N), welches in die Umwelt entweicht, entstehen Umweltkosten von CHF 6! Zudem entstehen Kosten von CHF 12, welche im Bereich Gesundheit entsteht.
(Quelle: Brink et. al. 2011)
Deshalb müssen jegliche Emissionen vermieden werden.
PKMg-Bodenproben
Bodenproben ermöglichen die exakte Bestimmung des Nährstoffgehaltes im Boden. Neben den Nährstoffbedürfnissen der Kultur muss auch der Nährstoffbedarf des Bodens bekannt sein, damit bedarfs- und umweltgerecht gedüngt werden kann.
Im ÖLN gilt ein Beprobungsintervall von zehn Jahren. Davon betroffen sind alle Parzellen > 1 Hektare. Flächen mit Düngeverbot, wenig intensiven Wiesen und Dauerweiden sind von der Beprobung ausgenommen. Mehrere nebeneinander liegende Grundstücke mit den gleichen Bodeneigenschaften und mit analoger Bewirtschaftung (Kultur & Düngung) können bei der Probenentnahme für Bodenanalysen zusammengefasst werden.
Wenn keine N- oder P-haltigen Dünger zugeführt werden und seit dem 1. Januar 1999 keine Parzelle die Versorgungsklasse D oder E aufweist, müssen keine Bodenanalysen durchgeführt werden. Ebenso wenn der Viehbesatz pro Hektare düngbare Fläche folgende Werte nicht überschreitet:
Die Analysen müssen die Werte für pH, Phosphor, Kalium, Bodenart nach Fühlprobe und für Acker- und Obstflächen auch die organische Substanz enthalten.
Nmin-Bodenproben
Mit den Nmin-Bodenproben wird der Nitrat- und Ammoniumgehalt im Boden bestimmt. Nmin-Bodenproben dienen der Optimierung der N-Düngung. Da der N-Gehalt im Boden stark schwanken kann, ist diese Probe nur eine Momentaufnahme. Die Ergebnisse lassen sich weder auf andere Parzellen und Kulturen, noch auf andere Jahre übertragen.
Hofdünger dürfen nur ausgebracht werden, wenn die Pflanzen diese aufnehmen können und keine Gewässer gefährdet werden. Der Entscheid, ob ein Austrag ausgeführt werden kann oder nicht, liegt in der Eigenverantwortung des Bewirtschafters bzw. der Bewirtschafterin.
Die Gülle darf nicht ausgebracht werden, wenn:
Laut Gesetz ist es vorgeschrieben, dass die Vegetationsruhe nach dem Winter erst unterbrochen ist, wenn es 7 Tage lang durchschnittlich über 5 ° C war. Erfahrungsgemäss dauert die Vegetationsruhe im Mittelland von Mitte November bis etwa Mitte März.
Zudem darf man entlang von Gewässern und Wälder im Bereich des Pufferstreifens (mind. 3 Meter), in Schutzzonen von Quell- und Grundwasserfassungen, Grundwasserschutzarealen sowie im Bereich von Einlaufschächten nicht Güllen.
Für den Umgang mit Hofdünger im Winter gibt es vom Kanton Luzern eine Checkliste, welche als Entscheidungshilfe dient. (Quelle: Landwirtschaft und Wald, lawa)
Gülle kann durch falsche Ausbringungszeitpunkte sowie -techniken, mangelhafte Dosierung und den Gehalt von toxischen Stoffen schädigend wirken.
Einfluss von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind
Die Ausbringung von Gülle bei tiefen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit verringert den Verlust von Ammoniak-Stickstoff um bis zu 50 %. Die Ausbringung von Hofdünger abends und morgens ist daher effizienter als mittags. Mit zunehmender Windstärke steigen auch die Ammoniakverluste stark an.
Die Verdünnung der Gülle
Die Verdünnung der Gülle mit Wasser ist weit verbreitet. Das Wasser bietet mehr Reaktionsoberfläche, an dem sich die Stoffe binden können. Vollgülle sollte mindestens 1:1 verdünnt werden. Dadurch können Ammoniak-Verluste um bis zu 50 % reduziert werden. Empfohlen wird ein Gülle-Wasser-Verhältnis bis zu 1:2. Die Verdünnung der Gülle hat folgende Effekte:
Regen und Bodensättigung
Bei starkem Regen kann die Gülle in Oberflächengewässer abgeschwemmt werden. Nach länger andauernden Regenfällen ist der Boden wassergesättigt und kann die Gülle nicht mehr aufnehmen. Zudem steigt beim Befahren von nassen Böden das Verdichtungsrisiko. Optimal ist eine Ausbringung auf leicht feuchte und saugfähige Böden.
Ausbringtechnik
Mit der richtigen Gülle-Ausbringtechnik können hohe Ammoniakemissionen stark vermindert werden. Bekannt als Ersatz des Breitverteiler sind vor allem folgende drei Varianten:
Schleppschlauch | Schleppschuh | Gülledrill |
Arbeitsbreite 6 bis 36 m |
3 bis 18 m |
6 bis 9 m |
Ausbringung Schlauch |
Schuh, Schleifkufe |
Schuh mit Schneidescheibe |
Ablageort/tiefe Bodenoberfläche |
Leicht eingeritzt |
3 bis 8 cm in den Boden |
Minderung der Emissionen gegenüber von Breitverteiler 30 - 35 % 30 – 60 % |
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Vorteile über alle Systeme:
Quelle: "Ausbringtechnik bei Hof- und Recycling- und Mineraldüngern", Agroscope
Für den optimalen Hofdüngereinsatz sind die folgenden Massnahmen essenziell:
Auf der Webseite "verantwortungsvolle Landwirtschaft" finden Sie weitere nützliche Informationen zum Thema Hofdünger.